Wolfgang Bergthaler über Outsourcing nach Indien

2 Monate Start-up ecosystem Bangalore – lessons learned (Teil 1)

Ich sitze gerade im Zug von Bangalore nach Bombay. Der Flug hätte mir auch nicht mehr als 40 Euro gekostet, ich ziehe aber die Bahn (15 Euro in der klimatisierten Klasse) vor – einfach perfekt zum Entspannen, Nachdenken, Lesen und Bloggen. Diese 24 Stunden nehme ich mir zur „Entschleunigung“. Nach zwei Monate im hektischen Bangalore, mit all dem Verkehr, der Luft- und Geräuschverschmutzung genieße ich es einfach wenn mal ein paar Stunden unberührte Landschaft an mir vorbei zieht. Bevor es dann in die langsamste Großstadt der Welt (Wien) zurück geht, werde ich noch mal drei Tage meine indische Lieblingsstadt (Bombay) genießen. Das dürfte aber diesmal eine ziemlich nasse Angelegenheit werden, dann seit Pune regnet es „junge Hunde“ und ist stürmisch. Dieser Anblick in Kombination mit der Klimaanlage im Abteil fühle ich mich schon wieder an den November in Wien zurückversetzt. Aber genau den wollte ich entkommen.

Also nutze ich jetzt die Zeit meine „lessons learned“ aus zwei Monate „Indian start-up ecosystem“ zu dokumentieren.

Juli und August standen im Zeichen von TechSparks, Indiens größtem Start-up Event, das wir – YourStory.in – organisiert haben (Indische Wirtschaft berichtete ausführlich). Ich persönlich übernahm auch noch die Verantwortung für den Relaunch unseres Web-Portals www.yourstory.in, das letzte Woche endlich live ging. Nebenbei lernte ich noch dutzende Entrepreneure und Investoren kennen und bekam mehrmals Besuch von einigen Leuten aus Österreich und Deutschland, die die Szene hier kennen lernen wollten. Es waren sehr intensive Wochen hier in Bangalore. Es fühlt sich so an als wäre ich schon ein halbes Jahr hier, so viel hab ich schon erlebt.

Hier ein paar Beobachtungen, die ich als bestimmend/bezeichnend/bemerkenswert finde:

  • Die Dynamik als auch die Geschwindigkeit hier sind enorm hoch. Was hier in zwei Monaten weiter geht, hab ich selten wo erlebt. Das betrifft die eigene Organisation sowie andere befreundete Start-ups hier. Ich war echt gefordert das Tempo hier mitzugehen und teilweise etwas überfordert mit der Dynamik. Täglich steht man neuen Herausforderungen gegenüber. Alles ist stetig im Wandel – für einen geborenen Österreicher die ultimative Herausforderung. Entscheidungen werden ad-hoc getroffen. Taktik ist wichtiger als Strategie. Als geübter „Inder“ (7 Jahre mehr oder weniger „unter Indern“) gehe ich aber im Vergleich ganz gut damit um.
  • Der Arbeitseinsatz der Mitarbeiter hier ist enorm. Es ist absolut selbstverständlich, dass Praktikanten bis nach Mitternacht und am Wochenende durcharbeiten – aus Eigenmotivation (!). Das Konzept der 40-Stunden Woche ist hier nicht bekannt. Es geht hier nicht um Stunden, sondern um Leistung, darum eine Aufgabe zu erledigen und darum den Ansprüchen der Chefin/Gründerin zu entsprechen. Schlaf, Freundschaften, Beziehung und Freizeitbeschäftigung werden scheinbar in Europa überbewertet 😉
  • Wettbewerb und Konkurrenz sind die beiden bestimmenden gesellschaftlichen und unternehmerischen Werte
    . Ich sehe mehr Synergien und Möglichkeiten für Kooperationen.
  • Die Inder zelebrieren den Kapitalismus in Reinkultur. Die erste Million zu machen ist heute wichtiger als einen Baum zu pflanzen oder einen Sohn zu zeugen, und das heißt was in Indien. Viel Geld verdienen, gut investieren und reichlich konsumieren ist die Devise. Es lebe der amerikanische Traum!
  • Mit Post-Materialistischen Ansichten und Lebenseinstellungen wie Selbstverwirklichung, Persönlichkeitsentwicklung, Kreativität, Sport und Hobbys wird man hier eher nicht wahrgenommen.

(Kommentar von Wolfgang Bergthaler; Fortsetzung folgt morgen!)

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Wolfgang Bergthaler

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