Immobilien-Boom in Indien 1/2: vom Software-Ingenieur zum Immobilien-Hai

Der indische Immobilien Markt brummt. Die urbane Mittelklasse erfüllt sich derzeit den Traum von der eigenen Wohnung. Unternehmer und Investoren entwickeln Industrie-, Gewerbe und Dienstleistungsparks im ganzen Land. Dieser Boom treibt die Preise für Land und Wohnraum in die Höhe und verspricht Renditen, von denen wir hier in Europa nicht mal zu träumen wagen. Durch Lokalaugenschein und zahlreiche Gespräche mit meinen indischen Freunden konnte ich mir ein Bild von der derzeitigen Situation machen.

Mein Grundstück, mein Haus, meine Wohnung
In der Status-orientierten indischen Gesellschaft gilt es als besonders erstrebenswert, seine eigene Wohnung beziehungsweise sein eigenes Haus zu besitzen. Eigentum zählt – Miete ist etwas für die Armen – und als arm möchte hier nun mal niemand gelten. Daher beginnt der/die verantwortungsvolle InderIn mit dem Berufseinstieg (als Software-Ingenieur oder Arzt) sein/ihr Einkommen für die eigene kleine Wohnung anzusparen. Da man bis zur Hochzeit bei den Eltern wohnt und damit quasi keine größeren Ausgaben hat, kommt in den ersten Jahren einiges an Geld zusammen, das man mit etwa 25 Jahren, und mit Hilfe eines Kredits, in eine Wohnung investiert.

All jene Inder, die vor fünf bis zehn Jahren eingestiegen sind, haben mit ihrem Investment schon ein kleines Vermögen gemacht
. Damals bekam man in Delhi/Mumbai/Bangalore/etc um 15 bis 20.000 Euro ein nettes „1-Bedroom-Apartment“ mit 50 bis 60m² in vernünftiger Lage. Heute muss man für die gleiche Wohnung bis zu 100.000 Euro hinlegen. Wertsteigerungen von über 30% per anno sind nicht die Ausnahme, sondern die Regel.

Fazit: Immobilienkauf ist ein gutes Investment. Nach wenigen Jahren hat man sein eigenes Apartment, genießt hohes Ansehen und kann mit einer „guten Partie“ bei der arrangierten Hochzeit rechnen. Im Gegenzug bedeutet das aber auch, dass Wohnraum für ärmere Schichten noch unerschwinglicher wird, als er bereits ist und die Einkommensschere geht noch weiter auf. Die obere Mittelschicht lebt von ihren exponentiell wachsenden Kapitaleinkommen aus Immobilien- und Aktiengeschäften, während die „working poor“ ums Überleben arbeiten.

Die Rallye geht weiter
Ein Ende des Immobilien-Hypes ist nicht abzusehen. Der Traum nach der eigenen Wohnung und die Landflucht macht den knappen Raum noch rarer, insbesondere in den überfüllten Ballungszentren. Die Immobilienpreise in Delhi, Mumbai zahlen bereits zu den höchsten der Welt, und werden wohl auch in Zukunft noch weiter  steigen. Wir Europäer können leider nicht an diesem Boom partizipieren. Ausländer dürfen in Indien weder Land kaufen, noch in Immobilien investieren.

(Wolfgang Bergthaler aus Mumbai)

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Wolfgang Bergthaler

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