Sport hat in Indien weder Geschichte, noch Zukunft

Gestern gewann der indische Schütze Gagan Narang im 10m-Luftgewehr Bronze für sein Land. Das ist die erste Medaille für Indien bei den diesjährigen Olympischen Spielen in London. Recht viele dürften auch nicht mehr dazu kommen. Indien ist, trotz seiner Größe und Bevölkerungszahl, in der internationalen Sport-Szene ein absoluter Nebendarsteller.

In der 116-jährigen Geschichte der modernen Olympischen Spiele erreichte Indien lediglich 21 Podestplätze, 11 davon im Nationalsport Hockey. Aber auch hier liegt die letzte Medaille bereits 32 Jahre zurück. Abgesehen davon erreichte Indien drei Mal Edelmetall im Schießen, je zwei Medaillen in der Leichtathletik (Silber) sowie beim Ringen (Bronze) und je einmal Bronze beim Gewichtheben, Tennis und Boxen
.

Das ist nicht gerade eine stolze Bilanz für das 1,2-Milliarden Volk in Südasien, vor allem mit der Supermacht China. Aber mich wundert es nicht, verfügt doch Indien über keinerlei Förderung im Breiten- noch Spitzensport. Körperliche Betätigung (und damit Sport) hat in der Gesellschaft, in der sich 10 Prozent für etwas Besseres halten und der Rest andere Probleme (wie die Befriedigung der Grundbedürfnisse) hat, keinen Stellenwert, ist sogar verpönt. In der Jugend gibt es nur Lernen, Lernen, Lernen. Für Bewegung, Kreativität und Spiel ist da keine Zeit und kein Verständnis. Die Vorbildwirkung durch die Eltern entfällt völlig.

Als ehemaliger Leistungssportler weiß ich wovon ich spreche. Immerhin musste ich wegen Indien meine sportliche Karriere beenden. Abgesehen von Hitze und Luftverschmutzung gibt es in einer indischen Millionenstadt keine sportliche Infrastruktur, nicht einmal vernünftige Parks.

Dieser Umstand wird Indien in den kommenden Jahrzehnten noch teuer zu stehen kommen. Die urbane Mittelklasse leidet bereits zu großen Teilen an allen denkbaren westlichen Zivilisationskrankheiten: Fettleibigkeit, Asthma, Herz-Kreislauferkrankungen und Diabetes findet man in fast jeder Familie. Aber statt auf Sport und Lebenswandel zu setzen, überlässt man der Pharmaindustrie das Feld den Markt.

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von

Wolfgang Bergthaler

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