Frugal (Jugaad) & Reverse Innovation im Westen angekommen

Indischer Jugaado ärgert amerikanische TV-Stationen

Ich habe in diesem Medium schön öfter rudimentäre aber geniale Innovationen aus Indien vorgestellt. Jugaad ist Hindi und steht für die Fähigkeit, mit bescheidenen Mitteln und etwas Einfallsreichtum effiziente Lösungen zu finden. Mit anderen Worten: Weniger ist mehr! In den letzten Monaten wurde der Begriff Jugaad aber auch im Westen immer populärer – nicht zuletzt wegen dem Management-Buch Jugaad Innovation: Think Frugal, Be Flexible, Generate Breakthrough Growth von Navi Radjou, Jaideep Prabhu und Simone Ahuja.

Aktuell sorgt ein US-Start-up für besonders viel Aufsehen in der amerikanischen Medien-Branche, indem es mit nichts anderes als Jugaad versucht den gesamten Fernsehmarkt zu disrupten. Die Rede ist von Aereo. Das Unternehmen wurde – wie könnte es anders sein – von einem Inder gegründet: Chet Kanojia wurde vom Forbes Magazin als „Disruptor 2013“ ausgezeichnet und hat bis heute schon fast 100 Millionen Dollar Kapital aufgestellt um seine Idee in den USA zu skalieren und dabei die TV-Stationen zu ärgern.

Aereo streamt frei verfügbarer TV-Sender über das Internet und macht die Inhalte live für alle Endgeräte verfügbar (Web-Browser, Smartphone, Tablet). Normalerweise ist die Verbreitung von Fernsehkanälen genehmigungspflichtig und erfordert die Zahlung von Lizenzzahlungen. Um das zu umgehen, weist Aereo jedem Nutzer eine eigene physische, im Rechenzentrum stehende Empfangsantenne zu, über die das terrestrische TV-Programm bezogen und dann an das Endgerät gestreamt wird. Mit Hilfe dieser Jugaad-Lösung glaubt man alle gesetzlichen Regelungen erfüllt zu haben. Das wurde auch schon von der ersten Instanz bestätigt. Aereo nutzt schließlich die jedem US-Bürger zur Verfügung stehende Möglichkeit des antennengebundenen Empfangs der terrestrischen, in der Regel werbefinanzierten Sender. Nur stehen diese Antennen nicht zu Hause bei den Zuschauern, sondern gesammelt bei Aereo. Dem Kunden wird offiziell die Antenne vermietet und dieser spart damit nicht nur eine Menge Geld, sondern kann auch sein TV-Programm am Handy oder Tablet ansehen. Diese Praxis verärgert allerdings die TV-Stationen. Für sie sind die Weiterleitungsgebühren, die sie von Kabelnetzbetreibern einsammeln, neben den Werbeerlösen ein wichtiges finanzielles Standbein, das man nicht ohne Kampf aufgeben möchte.

Geniale Idee: Jugaad als Grundlage des Geschäftsmodells verknüpft mit Hi-End-Technologie aus der Internet-Industrie.

Afrikanisches Bezahlsystem kommt nach Europa

Der Mobilfunkanbieter Vodafone will das mobile Bezahlsystem M-Pesa nach Europa bringen. In Teilen Afrikas hat es dieses digitale Bezahlen vielen Menschen den Zugang zu Geld vereinfacht oder überhaupt erst ermöglicht. In Kenia ist M-Pesa schon so erfolgreich, dass das Gesamtvolumen aller jährlichen Transaktionen so hoch ist wie die Hälfte des Bruttosozialproduktes.
Auch in Indien hat Vodafone M-Pesa kürzlich eingeführt und beobachtet aufgrund der großen Zahl von Indern ohne ein Bankkonto ein schnelles Wachstum. Mehr als 1 Million Inder haben sich dort bereits registriert. Doch Vodafone erwartet eine schnellere Verbreitung, sobald die Zentralbank die Regulierungen vereinfacht.

Vodafone hat nun eine E-Geld-Lizenz für Finanzdienstleistungen in Europa erworben, berichtet die FT. Das Unternehmen plant die Einführung von M-Pesa in Rumänien. Sieben Millionen Rumänen, die vor allem Bargeld benutzen, sollen für die SMS-Zahlung gewonnen werden. Dies ist ein erster Schritt zur Verbreitung des Bezahlsystems in ganz Europa.

Ein Zeichen, dass Innovationen aus „Emerging Markets“ auch in Europa immer relevanter werden
. Reverse Innovations werden immer präsenter – nicht zuletzt auch auf Grund der Wirtschafts- und Finanzkrise in Süd- und Osteuropa.

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Beitrag veröffentlicht

von

Wolfgang Bergthaler