Medienbrüche und andere unsinnige Aktionen in Indien

Vor zwei Monaten buche ich ein Hotel in der Nähe von den Ajanta Caves, Weltkulturerbe. Wir wollen uns dort die buddhistischen Felsentempel anschauen, die bis ins 5 Jahrhundert zurück gehen. Die staatliche Maharashtra Tourism Development Corporation (kurz MTDC) betreibt dort das einzige Guesthouse. Ich buche online über das Webformular, das aussieht wie in den 90er Jahren. Ich fülle es aus und kann sogar online bezahlen. Yes! Innerhalb von Sekunden bekomme ich zwei Bestätigungs-Mails und eine -SMS. Ich freue mich, dass die Buchung geklappt hat. Maximal eine Minuten später läutet mein Handy. Eine junge Dame bedankt sich in gutem Englisch für die Buchung und bestätigt mir diese nochmals telefonisch. Ich bin überrascht bis genervt über den unnötigen Overhead, erinnere mich aber gleich selbst wieder daran das Effizienz kein indischer Wert ist.

Zwei Tage bekomme ich Post. Ein Bestätigungs-Schreiben zu meiner Buchung wurde mir zugestellt. Nun kann unserer Reise zu den Felsentempeln wohl nichts mehr im Weg stehen.

Ein paar Tage später reisen wir also über Aurangabad nach Ajanta. Am Smartphone habe ich meine elektronischen Buchungsbestätigungen (email und SMS) in der Hosentasche. Meine Verlobte kümmert sich um die analogen Dinge meines Lebens und hat den Brief in ihrer Tasche. Wir kommen gegen 5 Uhr Nachmittag in das MTDC Guesthouse um dort verschwitzt und müde einzuchecken.

Nach zehn Minuten Wartezeit bemüht sich ein sichtlich unmotivierter Angestellter uns zu erbarmen. „We would like to check in“, sage ich,„Mr. Wolf Gang Bergthaler! We have a reservation for this night“. Er schaut mich an als hätte er noch niemand einen Reisegast gesehen. Er spricht kein Wort Englisch, nicht mal vernünftig Hindi, wie meine meine Verlobte später meinte. Sie übernimmt die Kommunikation mit dem Ahnungslosen, spricht sie ja Hindi und etwas Marathi. Nein, er wisse nichts von unserer Buchung. Er erwarte keine Gäste, und schon gar nicht einen Mr Wolf Gang. Es ist nämlich alles ausgebucht, kein Zimmer mehr frei. Er blättert dennoch desinteressiert in seinem verstaubten Reservierungsbuch und ignoriert uns souverän. Computer gibt es im Office keinen – alles sieht aus wie in den frühen Sechziger-Jahren, nur schmutziger.

„Das darf doch nicht wahr sein“ fluchen wir und präsentieren unseren Medienmix an Buchungsbestätigungen. Das beeindruckt ihn wenig. Nach ein paar bösen Worten in Hindi bemüht sich der faule Marathe endlich ans Telefon um irgendjemanden anzurufen. Fünf Minuten labert er irgendwas am Telefon. Mittlerweile steht ein Servant in der Tür. Dann legt er den Hörer auf und schickt den Laufburschen los um doch noch ein Zimmer mehr oder weniger sauber zu machen. Um etwa 18 Uhr können wir dann endlich unser Zimmer beziehen und freuen uns schon wieder auf das Check-Out. Denn Sauberkeit und Ausstattung lassen sehr zu wünschen übrig. Wir sind froh, dass wir wenigsten keine Kakerlaken im Zimmer haben und einen Platz zum Schlafen. Denn im Umkreis von 100 Kilometern gibt es nämlich nur diese eine Unterkunft.

Mehr zum Thema touristische Infrastruktur in Indien im Allgemeinen, und Aurangabad im Speziellen finden Sie hier: https://indische-wirtschaft.de/?p=2285

Handgeschriebenes Ticket statt e-Ticket

Letzte Woche hatte ich einen Flug von Bhubaneswar, der Hauptstadt von Orissa, nach Bangalore. Da ich den Flug noch last-minute über die Mobile App gebucht habe, hatte ich kein Print-Out meiner Buchungsbestätigung dabei. Um in Indien überhaupt in das Flughafengebäude zu kommen, muss man aber das Ticket vorweisen. Diese Maßnahme soll dafür sorgen, dass Straßenhändler draußen bleiben und Obdachlose es sich nicht gemütlich machen.

Ich zeige dem Security mit Maschinengewehr mein e-Ticket am Smartphone sowie meinen Reisepass. Das reicht ihm aber nicht. Ich brauche eine „hard-copy“ um das Gebäude zu betreten und einzuchecken. Ich habe aufgeben in Indien irgendjemanden nach dem „Warum“ zu fragen und folge dem indischen Prozess. Also gehe ich zum Window der Jet Airways um dort mein Ticket ausdrucken zu lassen. Zwei indische Herren dengeln sich vor. Ich sage ihnen was ich davon halte und erkämpfe mir wieder meine Führungsposition in der indischen Queue. Die freundliche Dame von der Jet notiert sich auf ihrer Schreibtischunterlage meinen Buchungs-Code und sucht im System nach dem Datensatz. Schnell hat sich meine Daten am Screen, doch der Drucker scheint nicht zu funktionieren. Sie ruft einen Kollegen und gemeinsam versuchen sie das Problem zu lösen. Nach zehn Minuten geben Sie aber auf. Die Dame von der Jet, nimmt ein A4 Blatt faltet es vier Mal
. Dann reißt sie das Blatt entlang der Falten – ganz ohne Schere – in acht gleich große Teile. Sie nimmt den Kugelschreiber und stellt mir mein „e-ticket“ aus:


Ich schmunzle und mache mich wieder auf den Weg zum Eingang. Der gewaffnete Security lässt mich ohne Probleme passieren und ich kann endlich einchecken.

Pune: alles nicht so einfach

Das war jedoch nicht das Highlight der letzten Wochen. Den Vogel haben die Kollegen in Pune angeschlossen. Mein Kollege Stefan Mey hat den Check-In Prozess in der Software Metropole dokumentiert. Traurig aber wahr und im Nachhinein ziemlich unterhaltsam: http://stefanmey.com/wordpress/lang/de/2012/02/13/pune-alles-nicht-so-einfach/

(Kommentar von Wolfgang Bergthaler)

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Wolfgang Bergthaler

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