Business in Indien ist keine „g’mahte Wies’n“

Der zweite Teil des Interviews mit Robert Klembas, COO von REBEAT Digital GmbH, eine kleine Firma aus Niederösterreich die ausgezogen ist um den digitalen indischen Musikmarkt zu erobern.

IW: Wie waren Eure bisherigen Erfahrungen von der ersten Idee, dass in Indien ein Markt besteht, bis heute? Was ist bis jetzt passiert? Wo seht Rebeat heute?

RK: Durch das Glück mit der Wahl unseres lokalen Vertriebspartners, der mit der Indischen Musikbranche exzellent vernetzt ist, hatten wir sicherlich einen Startvorteil. Das hat uns geholfen sehr schnell mit Schlüsselpersonen der lokalen Musikindustrie in Kontakt zu kommen. Darüber hinaus war ein Markteintritt im Jahr 2009 vom Timing her geradezu ideal. Trotzdem wird einem sehr schnell klar, dass das Business dort keineswegs eine „g’mahte Wies’n“ ist, wie man bei uns so schön sagt.

Zum einen basiert in Indien sehr viel auf persönlichem Vertrauen. Ohne das nutzen Dir oft das beste Produkt und die tollsten Konzepte nichts. Dieses Vertrauen bekommst Du allerdings nicht von heute auf Morgen, sondern das musst Du Dir in den meisten Fällen erst mal erarbeiten – und das kann dauern. Du brauchst also nicht selten einen wirklich langen Atem, musst dranbleiben und darfst nicht locker lassen. In Kombination mit einer gewissen Lockerheit in Bezug auf Verlässlichkeit und Handschlagqualität kann das in Indien oftmals ganz schön mühsam sein. Zum anderen läuft – wie überall – auch in der Indischen Musikbranche sehr viel über einen relativ überschaubaren Kreis an Schlüsselpersonen. Dort hält man zusammen, und es ist nicht leicht als Außenstehender diesen Kreis zu durchbrechen und ein großes Unternehmen für sich zu gewinnen.

Trotzdem war Indien für REBEAT bislang eine echte Erfolgsstory. Wir haben durch gute Vorbereitung schon bei der ersten Reise aus dem Stand heraus Termine mit den größten Telekomfirmen und Filmproduzenten des Landes bekommen, konnten uns durch unsere Workshops gleichzeitig aber auch sehr viel mit Independent Musikern, Produzenten und Nachwuchskünstlern unterhalten. Auch auf medialer Seite ist unser Vertriebskonzept von Anfang an auf sehr viel Interesse gestoßen, wir hatten Berichterstattung in nahezu allen großen Branchenmedien. Für 2012 stehen einige große Kooperationen an, es wird also ein spannendes Jahr für REBEAT in Indien.

IW: Gibt es irgendein spannendes/skurriles/kurioses Erlebnis während Eurer Geschäftsreise, das Du mit uns teilen möchtest?

RK: Da muss ich vorausschicken das wir zuvor noch nie in Indien waren. Daher war ein Highlight für mich persönlich sicher die Ankunft am Flughafen in Mumbai beim allerersten Besuch in Indien. Aus dem Flieger raus hat’s da gleich mal eine Hitze und Luftfeuchtigkeit gehabt das wir nur so geschaut haben. Bis wir durch die Passkontrollen und Gepäcksaufnahme durch waren, waren wir „waschelnass“. Und dann machst Du den ersten Schritt nach draußen – und kommst drauf, dass der Flughafen vollklimatisiert ist!

Ein Highlight war darüber hinaus sicher der Besuch eines der führenden Bollywood Filmstudios in Mumbai. Ich hab mal gelesen dass in Bollywood im Monat mehr Filme produziert werden als in Hollywood im ganzen Jahr – und da reden wir nicht von irgendwelchen Kleinproduktionen, sondern von echten Blockbustern. Da war‘s für mich natürlich sehr spannend anzusehen, wie dort gearbeitet wird, speziell natürlich im Bereich der Musikproduktion.

IW: Normalerweise gehen nur große Firmen aus dem Maschinenbau und der Industrie nach Indien. Als digitaler Musikvertrieb und Klein-Unternehmen aus Niederösterreich seid ihr eher eine Ausnahme. (Wie) werdet Ihr in Indien von potentiellen Kunden/Partnern eigentlich wahrgenommen?

RK: Grundsätzlich kommt es ja gerade im IT Bereich im Gegensatz zu Maschinenbau und Industrie nicht so sehr auf die Größe des Unternehmens an – hier liegt der Fokus vor allem auf dem Produkt und dem damit verbundenen Innovationspotential. Daher war die Größe oder Mitarbeiterzahl von REBEAT bei potentiellen Kunden eigentlich überhaupt kein Kriterium. Was hinzu kommt ist, dass wir durch unseren Einblick ins internationale Musikbusiness sehr viel an Input von außen einbringen können, der im Gespräch mit Indischen Partnern üblicherweise sehr geschätzt wird. Ich kann daher bislang wirklich nur Positives berichten, was nicht zuletzt auch an der beispiellosen Gastfreundschaft und Freundlichkeit der Inder liegt
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IW: Günter tritt bei Workshops durchaus mal in Lederhosen auf. Ist das ein Marketing-Gag oder einfach nur Künstler-Freiheit? Wie kommt das an in Indien?

RK: Das ist weder ein Marketing Gag, noch künstlerische Freiheit – das ist einfach der Günter. Der taucht auch hierzulande bei wichtigen Geschäftsterminen schon mal mit kurzer Hose und Schlapfen auf und sitzt dann so den Leuten mit Anzug und Krawatte gegenüber. Wenn‘s ums Business geht erkennt dann aber jeder sehr schnell, dass ihm da ein echter Profi mit sehr viel Erfahrung gegenüber sitzt; insofern war das auch in Indien kein großes Thema. Günter ist ein Original, und die Branche lebt von solchen Leuten.

IW: Hast du schon ein paar Bollywood oder Bhangra Songs auf deinem iPod?

RK: Ich höre regelmäßig in neue Releases rein die unsere Indischen Labels bei uns hochladen, und da ist Musik aus allen Genres dabei: vom typischen Bollywood Hit über spirituelle Musik bis hin zu regionalen Stilen. Einiges davon landet auch auf meinem iPod. Aktuell sind das z.B. die wirklich exzellente Rockband JOI aus Nordindien, die Projekte des Multinstrumentalisten Raghav Sachar, der unter anderem mit Weltstars wie Dave Weckl aufnimmt, oder der spannende Mix aus Elektronik und Indischen Mantras des Produzenten Sanjay Chandrasekhar. Der typische Bollywood Sound ist mir persönlich dagegen ein bisschen zu kitschig – aber vielleicht komm ich ja noch auf den Geschmack!

Vielen Dank für das Interview

(Interviewer: Wolfgang Bergthaler)

Alle Infos zu Rebeat Digital finden Sie auf http://www.rebeat.com

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Wolfgang Bergthaler

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