Unser Wein in Indien ein Ladenhüter…!?

Die Deutschen und Österreicher gelten zu den trinkfestesten Genossen auf diesem Planten. Am 31.12. jedes Jahres hat unsereins im Durchschnitt etwa 12 Liter reinen Ethanol auf der Haben-Seite. Das entspricht umgerechnet etwa 240 Liter Bier oder 100 Liter Wein. Im Vergleich dazu sind die Inder mit 0,4 Liter Ethanol (entspricht 6 Liter Bier) echte „Abstinenzler“ und rangieren im internationalen Ranking um Rang 150. Zumindest beim Trinken sind wir Mitteleuropäer noch Weltklasse. Wir schaffen also das 30-fache unserer südasiatischen Freunde. Der Schein trügt!

Nur 20% (vor 25 Jahren lag der Anteil bei 1%) der indischen Bevölkerung konsumiert absolut unregelmäßig (!) Alkohol. Frauen trinken so gut wie nicht – genauso wie Muslime, Brahmanen und viele andere Subkasten Alkohol absolut ablehnen. In gewissen Schichten, Communities und Regionen gibt es aber definitiv eine europäische “Trink-Kultur”, auch wenn es kulturell sicher nicht so integriert ist wie bei uns.

Von Seiten der indischen Regierung wird der Alkoholkonsum toleriert, aber keinesfalls unterstützt – obwohl der Verkauf einen beträchtlichen Teil der Steuereinnahmen ausmacht. Im Punjab belaufen sich die Steuern aus Alkoholverkauf auf über 30% der gesamten Steuereinnahmen. Die Verkaufsbestimmungen und Steuern sind jedoch von Bundesstaat zu Bundesstaat verschieden. Zudem spielen kulturelle Unterschiede eine große Rolle. Kerala mit seiner christlichen Prägung und Punjab (Sikhs) haben einen vielfach höheren Alkoholkonsum als der Landesdurchschnitt. In Gujarat ist Alkohol bis heute verboten.

Trotzdem ist Indien einer der weltweit größten Märkte für Alkohol – und der Konsum wächst jährlich um 6% bis 10% – quasi im gleichen Maße wie das nationale BIP. Ist das Zufall..? Die vergleichsweise geringe Sättigung, die schiere Größe des Marktes, die aktuellen Wachstumsraten und die sich ändernden Konsumgewohnheiten der urbanen Mittelschicht lassen auch deutsche und österreichischen Alkohol-Exporteure nach Indien schielen. Vor allem interessieren sich unsere Weinbauern und -Händler für dieses vermeintliche Mega-Potential.

Indien ist aber aus mehreren Gründen ein sehr schwieriger Markt für unsere Weine – und das liegt definitiv nicht am Geschmack. Grüner Veltliner passt beispielsweise wunderbar zu indischen Curry-Gerichten. Das Konzept Wein als Essens-Begleitung zu genießen, ist in Indien weitgehend fremd. Wenn in Indien getrunken wird, dann meist viel, schnell und hochprozentig – in erster Linie Whisky, der 75% des Gesamtvolumens ausmacht. Neben der Eisenbahn und Englisch als Landessprache ist auch die Whisky-Kultur ein Erbe der britischen Kolonialherren. Aufgrund der fehlenden beziehungsweise jungen Weinkultur verfügen die indischen Konsumenten über fast gar keine Weinkenntnisse.

Wein Trinken wird erst langsam populär in der urbanen Ober- & Mittelschicht
. Österreichischer und deutscher Wein ist in Indien quasi unbekannt. Wann Import-Ware, dann meist französischer Wein oder aus international bekannten Weinregionen. Image und Branding ist in Indien neben den hohen Importzöllen das größte Hindernis für unsere Weinbauern.
Eine günstige Flasche, die bei uns ab Hof 2 Euro ab Hof kostet, steht in Indien schließlich nach Transport, Versicherung, Zoll, Steuern und Handelsspannen um etwa 15 bis 20 Euro im Regal des indischen “Liquor Stores” beziehungsweise um etwa 30 Euro auf der Weinkarte des 5-Sterne Hotels in Delhi oder Mumbai. Die Chance, dass der indische Konsument da auf einen unterdurchschnittlichen ausländischen Wein aus einem unbekannten Land greift ist eher gering. Unsere Winzer denken aber nicht daran Billigwein zu exportieren, sondern sind besonders stolz auf ihre Qualitätsweine. Das gleiche Beispiel mit 6 oder 10-Euro Weine durchzurechnen, ist im wahrsten Sinne des Wortes ernüchternd.
(Wolfgang Bergthaler)

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Wolfgang Bergthaler

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